Interview mit Percy Dengler, Geschäftsführer der Baumer hhs GmbH
Im April 2017 ist Percy Dengler als neuer Geschäftsführer von Baumer hhs angetreten, um das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Mittelfristig will er Baumer hhs mit einem breit angelegten Transformationsprogramm ein anderes Gesicht geben und den Umsatz drastisch steigern. Wir fragten Dengler, wie er sich das Unternehmen Baumer hhs der Zukunft vorstellt und mit welchen Maßnahmen er seine Ziele erreichen will.
Fangen wir mit einer Bestandsaufnahme an: Wo steht Baumer hhs heute im globalen Markt?
Percy Dengler: Baumer hhs hat seit seiner Gründung 1986 eine fulminante Entwicklung hingelegt. Das ehemalige Garagenunternehmen ist vom Pionier im kontaktlosen Klebstoffauftrag mit elektropneumatischen Ventilen zu einem weltweit führenden Anbieter innovativer Lösungen rund um alle Belange des industriellen Klebstoffauftrags einschließlich der Qualitätssicherung aufgestiegen. Entscheidend für diesen Erfolg waren das gemeinsame Engagement unserer Mitarbeiter sowie ihre Begeisterung für innovative Produkte und Leistungen. Beides ist auf unsere Kunden und OEM-Partner übergesprungen. Auch die besondere technische Kompetenz unseres Außendienstes hat hier eine wichtige Rolle gespielt. Heute wird die Marke Baumer hhs im industriellen Klebstoffauftrag international als Messlatte für Zuverlässigkeit und Qualität wahrgenommen.
Und wo wollen Sie mit dem Unternehmen hin?
Percy Dengler: Wir wollen die Qualität, Unverwechselbarkeit und den Bekanntheitsgrad der Marke Baumer hhs in unseren Stammmärkten Faltschachteln, Wellpappe, End-of-Line, Druckweiterverarbeitung und Tabak weiter ausbauen. Das ist eine permanente Aufgabe und die Voraussetzung für eine erfolgreiche, global ausgerichtete Weiterentwicklung. Kurz: Was wir heute tun, müssen wir morgen noch besser machen. Unser Unternehmen wird sich in den kommenden Jahren zum Nutzen unserer Kunden deutlich verändern.
Also ein echtes Change Management?
Percy Dengler: Ja, wir hinterfragen auf allen Ebenen unsere Prozesse und passen sie an. Das gilt sowohl für unser Prozess-Management und unsere Systemunterstützung als auch für unsere Unternehmenskultur. Wachstum bedeutet eben auch Veränderung. Bis hin zur Definition eines neuen, zukunftsorientierten Leitbildes. In der sich so schnell verändernden Welt von heute wollen Mitarbeiter und Kunden mehr denn je wissen, wofür ihre Arbeitgeber bzw. ihre Maschinen- und Systemlieferanten stehen. Deshalb haben wir intensiv die Fragen analysiert, wofür der Markenname Baumer hhs heute steht, wie uns unsere Kunden sehen, wie uns Nichtkunden sehen und wie wir künftig wirken wollen. Das Ergebnis ist ein breit angelegtes Transformationsprogramm, das auf modernste Change Management-Verfahren baut, alle Bereiche unseres Unternehmens einbezieht und eine konsequente Prozessorientierung verfolgt. In interdisziplinären Teams haben wir in ausgesprochen intensiver Arbeit Sollprozesse und unsere Ziele für die Zukunft definiert.
Die wie lauten?
Percy Dengler: Es sind verschiedene Teilziele, die unser Unternehmen auf allen Ebenen kontinuierlich besser machen. Zum Beispiel werden wir unsere Abläufe durchgängig transparenter und effizienter gestalten, unser globales Netzwerk ausbauen, die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter weiter steigern und uns langfristig neue Geschäftsfelder erschließen. Damit wollen wir unsere Wachstumsgeschwindigkeit noch einmal deutlich steigern und überproportional am Markt profitieren.
Stolze Ziele. Welche Märkte bieten Baumer hhs solche Potenziale?
Percy Dengler: In unseren angestammten Märkten insbesondere die Wellpappenbranche und das industrielle Verpacken, also End-of-Line-Prozesse. Im Wellpappenmarkt sehen wir vor allem auf dem amerikanischen Kontinent und in Asien für unsere Technik und Services nach wie vor enorme Wachstumschancen. Dank der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit unserer Lösungen erzielen wir hier derzeit sehr schöne Erfolge. In Europa sorgt der Online-Markt derzeit für einen intensiven Wachstums- und Investitionsschub, an dem wir dank unserer Kompetenz stärker als erwartet partizipieren.
Im Markt der Endverpackung setzen wir mit unseren elektrischen tesla-Heißleimventilen und unseren pneumatischen aerto-Heißleimventilen seit 2015/2016 Maßstäbe in Sachen Effizienz, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Diese Produkte sind vom Markt sehr gut angenommen worden. Die Zahl der Endverpacker, die unsere Heißleim-Auftragstechnik in ihren Pflichtenheften für neue Abpacklinien vorschreiben, nimmt kontinuierlich zu. Auch mit den Herstellern dieser Maschinen arbeiten wir intensiver denn je zusammen.
Seit kurzem steht im App Store und in Google Play unsere neue App GlueCalc für Smartphones zum Download bereit. Mit ihr können Verpackungshersteller und Endverpacker per Eingabe weniger Daten komfortabel auftragsbezogen ausrechnen, in welchem Maß sie ihren Klebstoffverbrauch und ihre CO2-Emissionen verringern, wenn sie ihren Klebstoffauftrag von Raupen auf Punkte umstellen. Auf diese Weise haben viele unserer Kunden ihren Klebstoffauftrag signifikant reduziert. Und im gleichen Maß ihre CO2-Emissionen.
Geht das nicht zu Lasten der Haltbarkeit der Verklebungen?
Percy Dengler: Mit unseren hochpräzisen elektrischen tesla-Heißleimventilen und unseren pneumatischen aerto-Heißleimventilen ist die Umstellung des Leimauftrags von Raupen auf Punkte bei vielen Verpackungen möglich, ohne Kompromisse im Hinblick auf die Haltbarkeit der Verklebungen einzugehen. Unsere Kunden bestätigen uns Klebstoffeinsparungen in Größenordnungen von 50 % und mehr, die sie mit unseren Heißleimventilen erreichen. In preissensitiven Märkten wie der Endverpackung ist das ein höchst willkommener Mehrwert unserer Produkte. Hinzu kommt die Langlebigkeit unserer Heißleimventile. Zum Beispiel unsere tesla-Ventile mit elektromagnetischem Antrieb arbeiten ohne dynamische Dichtungen, die in aller Regel einem hohen Verschleiß unterliegen. Unter anderem daraus resultiert auch die besondere Zuverlässigkeit dieser Heißleimventile.
Wir bauen unser Portfolio für den Heißleimmarkt kontinuierlich aus. Zum Beispiel unsere zur FachPack 2018 vorgestellte zentrale Klebstoffversorgung Xfeed stößt bei Verpackungsherstellern, Endverpackern und Klebstoffherstellern gleichermaßen auf großes Interesse. Bei hoher Energieeffizienz versorgt Xfeed von zentralen Lagerorten aus bis zu 20 Heißleimgeräte automatisch und bedarfsgerecht mit Klebstoffgranulat. Die Vorteile liegen auf der Hand: Maschinenführer müssen keine Granulatsäcke mehr handhaben, transportieren und an ihren Maschinen bevorraten. Heißleimgeräte bleiben während der Produktion stets geschlossen. Damit sind Arbeitsunfälle wie Verbrennungen ausgeschlossen. Zudem garantiert die zentrale Klebstoffversorgung saubere Arbeitsumgebungen. In der Produktion wird kein Granulat verschüttet und es kann auf dem Weg vom Lager in die Heißleimsysteme nicht verunreinigt werden. Xfeed ermöglicht Förderdistanzen bis 200 Meter. Das ist im Markt einzigartig und erlaubt ein breites Einsatzspektrum. Mit Lösungen wie Xfeed dringen wir verstärkt ins Projektgeschäft vor, in dem wir ganze Prozesse unserer Kunden optimieren.
Wie sieht es im Faltschachtelmarkt aus, der doch seit je her eine Domäne von Baumer hhs ist?
Percy Dengler: Er ist für unser Unternehmen nach wie vor ein wichtiger Umsatzträger. Wir schätzen unseren Marktanteil in der globalen Faltschachtelindustrie auf gut 80 %, wobei wir vor allem auf dem amerikanischen Kontinent und in Asien noch zulegen können. Auch der Faltschachtelmarkt wächst, wenngleich deutlich moderater als der Wellpappen- und der End-of-Line-Markt. Es gelingt uns hier immer wieder, unseren Wettbewerbern weitere Kunden abzuluchsen. Zum Beispiel stellen mehr und mehr der großen Verpackungsgruppen ihren Klebstoffauftrag komplett auf unsere Lösungen um. Mit unseren Produkten erzielen sie beste Ergebnisse, decken flexibel praktisch alle ihre Anforderungen ab und haben für ihre Themen rund um den Klebstoffauftrag und die dazugehörige Qualitätssicherung weltweit nur noch einen Ansprechpartner. Insbesondere im Faltschachtelmarkt sind wir zudem ein ausgesprochen wichtiger Partner der OEMs. Wir arbeiten mit ihnen sehr eng zusammen, um neueste Anforderungen der Branche vorausschauend und lösungsorientiert abdecken zu können.
Wohin geht hier die Reise?
Percy Dengler: Aus technischer Sicht liegt der Fokus auf den Themen Rüstzeitverkürzung und Bedienerfreundlichkeit sowie Nutzung von Prozess- und Maschinendaten für Optimierungen der Produktionsabläufe. Vielleicht werden sich auch die Produktionsgeschwindigkeiten der Faltschachtel-Klebemaschinen noch weiter steigern lassen. Schon 1998 waren unsere Klebstoffauftrags- und Qualitätskontrollsysteme für Produktionsgeschwindigkeiten bis 650 m/min. ausgelegt. Damals war das eine erstaunliche Produktivität. Heute liegen wir bei 700 m/min. Natürlich ist auch die Null-Fehler-Produktion immer wichtiger geworden, die wir dank durchgehender Qualitätsüberwachung im Prozess erfolgreich begleiten.
Wie in allen Segmenten des Verpackungsmarktes sehen wir in der Faltschachtelbranche vor allem drei Megatrends: Nachhaltigkeit, E-Commerce und Industrie 4.0. Die Verpackungsbranche arbeitet unter Hochdruck an besseren Ökobilanzen ihrer Produkte. Stichworte sind hier vor allem minimierter Ausschuss und Ressourcen-Einsatz einschließlich der Energieeffizienz. Der Online-Handel ist ein starker Wachstumstreiber insbesondere in der Wellpappenbranche. Er wird verstärkt hochwertigere und individualisierte Verpackungen nachfragen. Mit Flexicoat PSA bieten wir hier eine flexible Lösung für den Auftrag von Haftklebstoffen an, die mit Silikonstreifen abgedeckt werden und es Online-Händlern ermöglichen, ihre Versandverpackungen aus Wellpappe schnell und einfach zu verschließen. Auch hier sind wir unserer Einschätzung nach global der Marktführer.
Und wie sieht Baumer hhs das Thema Industrie 4.0?
Percy Dengler: Industrie 4.0 läuft letztlich auf eine konsequente Automatisierung bzw. Industrialisierung der Verpackungsproduktion mit vernetzten, untereinander kommunizierenden Systemen hinaus. Gerade auch unsere Kunden der Faltschachtelindustrie werden hier noch stark von den Markenartikelherstellern herausgefordert werden. Insbesondere die Qualitätssicherung wird für die Verpackungshersteller weiter an Bedeutung gewinnen. Sie werden zunehmend Produktionsdaten aus ihren Maschinen und Prozessen abgreifen – nicht nur, um ihre Produktionsabläufe weiter zu optimieren, sondern vor allem auch, um die von ihnen produzierte Qualität gegenüber ihren Kunden zu dokumentieren. Alle drei Megatrends haben wir in unserer Forschung und Entwicklung natürlich auf dem Radar.
Können Sie hier etwas konkreter werden?
Percy Dengler: Zum Beispiel die neueste Generation unserer Steuergeräte ist voll Industrie 4.0-tauglich. Xtend3 stellt aus dem Klebeprozess Auswertungen, Analysen und statistische Daten zur Verfügung. Diese lassen sich unter anderem für die Beurteilung der Gesamtanlageneffizienz oder für Fehleranalysen heranziehen. Die Steuergeräte sind also ausgesprochen kommunikativ, womit sie – neben ihrer extrem einfachen Bedienbarkeit über intuitive Multi Touch-Technik – eine Grundanforderung von Industrie 4.0 erfüllen. Ein weiteres Beispiel ist unsere innovative Doppelkolbenpumpe DPP-8, die den Maschinenführern über ihr integriertes Display ihre Betriebszustände anzeigt und automatisch alle wichtigen Leistungsdaten erfasst, auswertet und an die Steuerungen meldet.
Baumer hhs hat im Laufe der Jahrzehnte immer wieder Pionierarbeit geleistet und wird das auch weiterhin tun. Unsere Kunden vertrauen darauf, dass sie gute Produkte von uns bekommen, die mit guten Services hinterlegt sind und die es ihnen einfacher machen, mit ihren Produktionsanlagen Geld zu verdienen. Am Ende kaufen sie von uns kein Equipment, sondern geklebte Produkte. Wir liefern ihnen hierfür die auf sie zugeschnittenen Lösungen, die sie dazu bestmöglich in die Lage versetzen. Damit es dabei bleibt, müssen wir uns kontinuierlich verbessern. Deshalb unser breit angelegtes Transformationsprogramm. Wir haben uns auf den Weg gemacht und schreiten kontinuierlich voran. Wir zählen zu den Unternehmen, die sich permanent neu erfinden. Unsere Neuausrichtung macht unser Unternehmen zukunftssicherer. Für unsere Kunden bedeutet das einen noch höheren Investitionsschutz.
Welche Rolle spielt dabei Ihre Muttergesellschaft, die Baumer Group?
Percy Dengler: Sie unterstützt ihre 100%ige Tochter Baumer hhs seit der Übernahme in 2001 auf allen Ebenen. Wir werden uns mit ihr noch enger verzahnen und zum Beispiel die gemeinsamen Stärken der globalen Vertriebs- und Servicenetzwerke noch weiter vertiefen sowie ausbauen. Im Ergebnis können wir noch näher bei unseren Kunden in aller Welt sein. Unser Claim – Let’s stick together – passt auch hier hervorragend. Die Wortspielerei steht nicht nur für die hohe Qualität des Klebstoffauftrags mit unseren Systemen, sondern auch für die intensive Zusammenarbeit auf allen Ebenen unseres Unternehmens und mit unseren weltweiten Kunden.
www.baumerhhs.com
