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Gesunder Schlaf und Nachhaltigkeit Trends und Zukunftsthemen prägten die Heimtextil 2020

Die 50. Heimtextil lieferte starke Impulse für die neue Einrichtungssaison. 63.000 Besucher informierten sich bei den 2.952 Ausstellern auf der weltweit führenden Fachmesse für Wohn- und Objekttextilien über die großen Themen der internationalen Branche. Nachhaltigkeit war dabei das übergeordnete und alles überstrahlende Top-Thema.

Auf der Heimtextil 2020 zog sich das Thema Nachhaltigkeit über die gesamte Veranstaltung wie ein grüner Faden. Umfangreiche Maßnahmen und Informationen zeigten, wie sich die Materialprozesse für eine bessere Umwelt weltweit verändern und soziale Verantwortung für die beschäftigten Menschen zunimmt. Auch wenn die Bereitschaft der Verbraucher, für umweltfreundliche Textilien mehr Geld auszugeben noch in den Kinderschuhen steckt, waren Angebot und Nachfrage auf der weltweit größten Fachmesse für Wohn- und Objekttextilien so groß wie noch nie. Langlebigkeit und Second Life beginnen sich in Produkten zu manifestieren. „Das Umdenken fängt eigentlich erst richtig an“, sagt Martin Auerbach, Hauptgeschäftsführer vom Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie e.V. „Denn um tatsächlich in der Kreislaufwirtschaft anzukommen, müssen wir über die gesamte Wertschöpfungskette denken und handeln. Mehr noch: Bisher stand in der Entwicklung das Produkt an erster Stelle. Um in der Circular Economy anzukommen, müssen wir die bisherigen Fragestellungen umkehren. Diese lauten dann: Wie sieht das optimal kreislaufende Produkt aus? Wie können wir danach die erforderlichen Gebrauchseigenschaften bekommen? Und letztlich: Wie können sich die Hersteller mit ihren Produkten im Markt differenzieren?“

Der neue Konsument macht den Unterschied

„Im Vergleich zu vor 15 Jahren sind die Einkäuferdelegationen sicher etwas kleiner geworden, allerdings sind die Entscheidungsträger nach wie vor auf der Heimtextil – mit etwas weniger Zeit, aber mit sehr konkreten Plänen“, sagt Peter Gumbel, Geschäftsführer von ARO Artländer GmbH. „Eines der großen Themen waren unsere zertifizierten Bettdecken aus kontrolliert biologischem Anbau.“ Die Unternehmen erachten das Thema Nachhaltigkeit zunehmend als Chance. Allein die Zahl der nachhaltig agierenden Unternehmen, die im Green Directory stehen, war zur Heimtextil 2020 mit 259 so hoch wie noch nie. Nachhaltiges Produzieren und Handeln wird zur Konstante und zeigt sich auf der Heimtextil in zahlreichen Facetten: Wohndecken aus recycelten Jeans, recycelter Baumwolle und PET-Flaschen (HERMANN BIEDERLACK GmbH + Co. KG), nachhaltige Bademäntel und Bettwäsche aus GOTS-zertifizierter Ware in floraler Druckmusterung (ESSENZA HOME), Eco Pillows aus recycelten PET-Flaschen (Trendsetter International), limitierte Serien bunt gestreifter Handtücher aus Restprodukten (Cawö Textil GmbH & Co. KG, zoeppritz since 1828), Bettwäsche mit energiesparendem, ökologischen Finish (Estamparia Textil Adalberto Pinto da Silva), GOTS-zertifizierte Bettwäsche im Vintage Look (M.G. Ekkelboom B.V.), GOTS-zertifizierte Bettwäsche in frischen Dessinierungen (Bierbaum Wohnen GmbH & Co. KG, Irisette GmbH & Co. KG), Plaids aus Öko-Baumwolle und Recycling-Polyester (zoeppritz since 1828). Auch die Verpackung steht im Zeichen von Nachhaltigkeit, wenn Bettwäsche in bedruckten FSC-Kartons geliefert und ein Prozent des Umsatzes gespendet wird (Covers & Co. von ESSENZA HOME), Spannbetttücher mehr Bedeutung durch komplett kompostierbare Kartonagen aus Altpapier erhalten (Adam Matheis GmbH & Co. KG), Bettwäsche zukünftig aus recycelten Garnen, Baby-Wäsche aus Bio-Baumwolle hergestellt wird und anstatt eines Poly-Beutels eine Stoff-Verpackung erhalten (Kayteks) oder Bettdecken einen neuen Markenauftritt in Baumwolle/Leinen-Säckchen haben (f.a.n. Frankenstolz Schlafkomfort H. Neumeyer GmbH & Co. KG). „Bio-Spannbetttücher sind sehr angesagt“, erklärt Aylin Karaca von Kayteks. „Wir verzeichnen zunehmendes Interesse für unsere Babymarke aus Bio-Baumwolle. Bettwäsche aus recycelten Garnen wollen wir zukünftig anbieten. Und wir tendieren zu Stoffverpackungen“. Und Barbara Matheis-Klassen bestätigt: „Wir wollen dem Produkt mehr Bedeutung geben, den Aspekt Nachhaltigkeit angehen und zukünftig alles aus Bio-Baumwolle machen.“

Langfristige Trends haben Zukunft

Auf Besucherseite zeigte sich das große Interesse an nachhaltigen Konzepten auch in der neu eingerichteten „Future Materials Library“ im „Trend Space“ in Halle 3.0. Die Library bot einen spannenden Einblick in nachhaltige Materialinnovationen. Unter anderem standen hier recycelte Stoffe und angebaute – so genannte lebende – Textilien im Fokus. So machte die Kategorie „Natural Assets“ mit Algen und Brennnesseln auf ungenutzte Naturschätze aufmerksam, „Living Materials“ mit heranwachsenden Pilzgeflechten auf gezüchtete Materialien, „Biological Byproducts“ mit Orangenschalen oder Agavenblättern auf landwirtschaftliche Ressourcen. „Remade“ wiederum demonstrierte mit Hilfe von textilen Abfallstoffen deren Wiederverwendungspotential. Die Besucher konnten so die Beschaffenheit und Produktionsweise innovativer Materialien entdecken.

Alles ist möglich – das gemeinsame Konzept heißt Diversität

Die Frage nach den Trends für 2020 ist gar nicht so leicht zu beantworten. Die Zeit der vorgegebenen Stil-Richtungen ist vorbei. Es gibt keinen Massengeschmack mehr. Es geht um Diversität. Das brachte der großartig inszenierte, 1.000 Aussteller-Exponate starke Trend Space in Halle 3.0 beeindruckend zum Ausdruck - mit seinem riesigen Dom für die „Luxury Heritage“-Thematik, der Half Pipe für „Active Urban“, dem überdimensionalen Pouf im Materialmix bei „Multi Local“, dem beschützenden Zelt für „Pure Spiritual“, der dynamischen Inszenierung bei „Maximum Glam“ und der aufblasbaren Riesengestalt als gemeinsamem Sympathieträger. Die Darstellung des Themas „Where I belong“ führte vor Augen, dass Identität durch viele Erlebnisse geformt wird. Und dies hat Einfluss darauf, wie man sich einrichtet, was einem gefällt. Alles ist inklusiv, findet zusammen, tauscht sich aus. Mit dem einen großen Ziel: Wohlbefinden. Es geht darum, textiles Interior Design für eine heimelige, angenehme Atmosphäre zu nutzen. Und die kann für jeden anders aussehen.

Umweltbewusster und natürlicher Schlafkomfort

In Halle 11.0 drehte sich alles um „Smart Bedding“. Auch hier ging es unter anderem ums Wohlfühlen – in Bezug auf Schlafkomfort. Der Anspruch bei diesem Thema ist es, den Wünschen und Anforderungen der Verbraucher sehr spezifisch gerecht werden zu können. Darunter verstehen Experten innovative Textilien, die auf die Bedürfnisse der Haut von Kindern, Hautsensiblen oder Pflegebedürftigen zugeschnitten sind (Benevit van Clewe GmbH & Co. KG). Ein anderes Beispiel ist die atmungsaktive Tencel-Lyocellfaser mit Refibra-Technologie aus den Rohmaterialien Holz und recycelter Baumwolle (Lenzing AG). Überhaupt werden im Schlafsektor Naturmaterialien wie Kaschmir, Wolle, Leinen, Tencel, Bambus oder Seide aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften und ihrer Nachhaltigkeit immer attraktiver, vor allem, wenn sie auch noch in Taschen aus recyceltem Füllmaterial verpackt sind (Toom Tekstiil AS). Einen guten Schlaf soll auch das „Smart Pillow“ fördern, das über einen Sensor im Inneren die Bewegungen aufzeichnet und über einen App-gesteuerten Smart-Alarm den Schlafenden wecken kann (ADVANSA Marketing GmbH). Ein „Blauer Engel“ wurde für die E14 Greta-Decke verliehen, bei der im gesamten Fertigungsprozess auf umweltbewusste und soziale Aspekte geachtet wurde (billerbeck Betten-Union GmbH & Co. KG).

Dass beim Thema Schlafen nicht nur nachhaltige Argumente und das individuelle Wohlbefinden, sondern sogar therapeutische Effekte eine große Rolle spielen, zeigt der Erfolg der schwedischen Firma Fargust AB mit dem Brand CURA OF SWEDEN, die auf der Heimtextil ihre Therapiedecke präsentierte: „Wir hatten eine sehr, sehr gute Messe“, freut sich Inhaber Johan Andersson. „Unsere Messeerwartungen wurden sogar noch übertroffen. Auf unserem Stand hatten wir Besucher von überall her, die sich für unser Brand, aber auch für das Co-Branding interessierten. Nach der Heimtextil möchten wir unsere Vertriebswege über die EU und weitere Kontinente ausdehnen. Hierfür konnten wir auf der Heimtextil die Basis schaffen.“

Sleep! The Future Forum

Im Foyer der Halle 11.0 fand zum zweiten Mal ein tiefgreifendes Vortragsprogramm statt: Im „Sleep! The Future Forum” konnten sich insbesondere Bettenfachhändler und Hospitality-Interessierte über neueste Erkenntnisse und aktuelle Markttendenzen aus Industrie, Wissenschaft und Forschung informieren. Zu den Themenblöcken Digitales, Sport, Hospitality, Sustainability und Interior Design sprachen zahlreiche erfahrene Schlaf-Experten. Dazu gehörten Wissenschaftler wie Neurowissenschaftler Dr. Christian Benedict aus Schweden oder Prof. Dr. Ingo Fietze als Schlafexperte der Berliner Charité, aber auch Profi-Sportler oder der Schlaf-Coach Nick Littlehales.

Die Experten beschäftigten sich auch mit der Frage, vor welchen Herausforderungen Hersteller stehen, wenn sie nachhaltig agieren und produzieren möchten. Die Panel-Diskussion „Die Zukunft der nächsten Generationen sichern – Nachhaltige Strategien für Hersteller und Handel“ war eines der Highlights des Programms. Es zeigte Praxisbeispiele der Firmen Lenzing AG, Vossen GmbH & Co. KG und IKEA auf und stellte dem interessierten Fachpublikum das neue staatliche Textilsiegel „Grüner Knopf“ sowie die weltweiten Nachhaltigkeitsziele der United Nations vor.

Individualität durch Flexibilität

Das Produktangebot für Bett, Bad und Tisch war noch nie so vielseitig wie heute. Zu sehen war das Thema Vielseitigkeit im Kleinen wie im Großen: Als Tischkultur mit unterschiedlich gemusterten, auf einem langen Esstisch zusammengeführten Läufern (Sander); als Kampagnenthema (zoeppritz since 1828), als Marken-Mix, der unterschiedlichste Geschmäcker bedient (BEDDING HOUSE B.V.). „Culture, Country, State of Mind prägen die Farbentwicklung. Der Markt verlangt nach Ruhe, nach Pastells und Whites. Aber unserer Meinung nach geht beides: Aktive Farben wie Rot und Orange im Wohnzimmer. Ruhige Farben im Schlafzimmer“, findet Silvia Cunhar von Ricardo Milton.

Maximalismus wird populär

Einem neuen Aufkommen von Größe, Luxus und Pracht entspringen ausdrucksvolle Bilder, die sich auf Bett- und Badtextilien breitmachen. Die starken Dessins setzen sich farblich ab und springen den Betrachter an. Die neuen Bilder werden geradezu herausfordernd eingesetzt. Eyecatcher in jeder Beziehung sind Dschungelmotive (M.G. Ekkelboom B.V.), abstrahierte und großformatige Blätter (BEDDING HOUSE B.V.), großflächige Landschaften (ESSENZA HOME), Kolonialthemen mit exotischen Tieren, Päonien und Papageien (Alfred Apelt GmbH).

Aus der Modewelt gegriffen – dekorativ und künstlerisch

Mit dem Rückgriff in glamouröse Zeiten kommen im Interior auch Dessins, von bold bis verspielt, für Bettwaren oder Haustextilien, auf den Plan, die aus der Modewelt gegriffen sind. Handpainted Dessins (Estamparia Textil Adalberto Pinto da Silva) ziehen die Blicke auf sich. Mit einher geht die Popularität von Frieda Kahlo, die als Botschafterin für Kreativität, Kulturmix und Naturliebe steht (Makroteks Tekstil San. ve. Tic. Ltd. Sti). „Frieda Kahlo, Tattoos und Totenköpfe. Die junge Zielgruppe reagiert gut auf unsere farbenfrohen Dessins“, freut sich Ahmet Metinöz von Makroteks Tekstil San. ve. Tic. Ltd. Sti. Auch Kissen mit abstrahierten Gesichtern im Stil von Picasso (Alfred Apelt GmbH) gehören in diese Strömung und vermitteln künstlerischen Anspruch. Ebenso von niederländischen Altmeistern inspirierte Druckdessins für Tisch- und Bettwäsche (ESSENZA HOME).

Heimtextil Zeitreise

Die 50. Heimtextil zeichnete ein rundum facettenreiches und zukunftsorientiertes Bild der Branche. Mit Stolz und Dankbarkeit warf sie dabei auch einen Blick zurück auf fünf Jahrzehnte Wohn- und Objekttextilbranche. Ein Jubiläums-Showcase in Halle 9.0 zeigte Designklassiker von 1971 bis heute. Und während der großen Party anlässlich des Jubiläums wurden auch die Aussteller der ersten Stunde geehrt. „War das eine gelungene Party zur 50. Heimtextil! Geehrt als Aussteller der ersten Stunde, aufgeführt im Green Directory-Verzeichnis, besucht im Rahmen der Green Tour – diese Messe war für uns der perfekte Rahmen, um unsere nachhaltig produzierten Wohndecken und Plaids und die neue „Green Line“ zu präsentieren“, freute sich Holger Steuter, Marketingleiter von HERMANN BIEDERLACK GmbH + Co. KG.

Die nächste Heimtextil findet vom 12. bis 15. Januar 2021 statt.
www.heimtextil.messefrankfurt.com

 

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